In welcher Liga wir spielen, entscheiden wir selbst

Wenn jemand eine lange und beeindruckende Tradition des Feierns hat, dann die katholische Kirche mit all ihrer Pracht, ihren Symbolen, Riten, mit ihrer weltweit verbreiteten schillernden Liturgie. Wenn es irgendwo bedeutende Anlässe gibt, Staatsakte, Präsentationen oder auch private Festlichkeiten, stehen sie nicht nur bis zur Hüfte, sondern meist bis über den Hals in kirchlichen Traditionen.

Großereignisse, wie der Weltjugendtag oder die aufwändig zelebrierten Papstbesuche in aller Herren Länder, sind weltweit ohnegleichen. In Deutschland freilich befürchtet man etwas anderes: der für den Herbst 2011 angekündigte Besuch des Bischofs von Rom soll Gegendemonstrationen von bis zu 50.000 Teilnehmern provozieren, denen man mit großem Engagement entgegentreten möchte. Zu diesem Zweck hat man den Verein „Deutschland Pro Papa” gegründet, schon im Vorfeld nach Kräften Werbung für den Besuch Benedict XVI zu machen.

Am Samstag, den 7. Mai 2011 (gleichzeitig zur Marienweihe der Diözese Passau in Altötting) fand auf dem münchner Odeonsplatz eine (zumindest im Internet) groß angekündigte Solidaritätsbekundung für den Papst statt, im Anschluß an eine gemeinsame Meßfeier in St. Ludwig. Während zur Eucharistiefeier, untermalt mit charismatischen Gesängen u.a. von Albert Frey, die Universitätskirche gut gefüllt war, wirkte die anschließende Kundgebung eher verloren. Vor beeidruckender Kulisse zwischen Theatinerkirche, Residenz und Feldherrnhalle, versammelten sich grob geschätzt etwa 150 Leute, die lose verteilt um Tische kirchlicher Vereine oder aber vor einer etwas trist und verloren wirkenden schwarzen Bühne herumstanden.

Dabei war inhaltlich durchaus für ein interessantes Programm gesorgt: den Auftakt gab der aus der Presse vor allem durch sein Papstinterview-Buch „Licht der Welt” bekannte Journalist Peter Seewald, auch wurden neben den angekündigten Informationen des Hilfswerkes „Kirche in Not” eine Reihe weiterer hörenswerter Beiträge vorgetragen — nicht zu vergessen die musikalischen Darbietungen Tobias Neumanns, einem Bariton der Bayerischen Staatsoper, dem man gerne länger zugehört hätte.

Auch wenn man an einigen Stellen mangelnde Sensibilität bemängeln könnte, beispielsweise beim Klatschen in der Hl. Messe vor dem Schlußsegen (was ganz sicher nicht im Sinne Benedict XVI war), taten die Vorträge (incl. Predigt) dem in der Gesellschaft heute nur zu oft geschundenen katholischen Gemüt sichtlich gut. So wurde u.a. deutlich geäußert, dass die Mißbrauchskandale durch einen Bruch Einzelner mit der Kirche zustande kommen und nicht quasi als Folge katholischer Lehre anzusehen seien, oder es war die Rede von der Kirche als weltweit einziger ernstzunehmenden Opposition, um nur zwei Beispiele aufzugreifen. Bemerkenswert fand ich auch den Hinweis Neumanns, dass sein Vortrag, wenn auch gesungen, so doch in erster Linie als Gebet zu verstehen sei.

Soweit zur Innenansicht, doch gerade bei Veranstaltungen zur Verkündigung, noch dazu inmitten einer unserer belebten Innenstädte, ist ein Blick über den sog. Tellerrand von großer Bedeutung. Man will schließlich Menschen erreichen und sich nicht allein nur gegenseitig erbauen. Berücksichtigt man dazu die eingangs erwähnte Kirchentradition, müssen hier wohl deutliche Abstriche gemacht werden. Was der unvorbereitete Passant zu sehen bekam war weder beeindruckend noch in irgend einer Weise aus dem Einheitsbrei herausragend. Ein paar Tische mit Flyern, Prospekten und Büchern, eine unspektakuläre Bühne mit Rednern und ein kleiner Auflauf Interessierter, hie und da eine Flagge oder ein Transparent, bieten diverse Tierschutzvereine, Parteien, Verbände oder sonstige Gruppen fast täglich. Vom Eindruck einer Weltkirche kann man da sicher nicht reden.

Was aber hätte man tun können, um die Kirche in ihrer Katholizität, d.h. in ihrem Wesen als weltweite Alternative zu den gängigen Heilslehren, auch für Fremde transparent zu machen?

Hier wäre vielleicht eine Besinnung auf kirchliche Wurzeln geschickter gewesen. Warum „versteckt” man sich beispielsweise zum Gottesdienst hinter den Mauern einer Kirche? Der Höhepunkt einer jeden katholischen Kundgebung ist die Feier der Eucharistie — wäre hier nicht der Odeonsplatz ein passender Ort gewesen? Statt Grußworte wichtiger, aber eben nicht anwesender Würdenträger und weiterer Persönlichkeiten zu verlesen, hätte man die Präsenz Christi selbst unters Volk bringen können. Eine Komponente, die zudem immer wieder vergessen wird, die aber an Bedeutung nicht zu unterschätzen ist, ist die Ästhetik! Ist es nicht möglich, im Herzen Bayerns eine blumengeschmückte Bühne ganz im Sinne der unzähligen Marienaltäre im Land aufzubauen? Warum feiert man in der Öffentlichkeit kein lateinisches Hochamt in aller Pracht, entweder mit orchestraler Musik oder gar von einer gregorianischen Schola begleitet?

Die Menschen, die Samstags bei bestem Sonnenschein durch Münchens Fußgängerzone flanieren, wird man selten mit tollen Vorträgen neugierig machen. Auch die Botschaft, dass ein paar Leute für den Papst eintreten, dürfte kaum wen begeistern. In erster Linie sind es Bilder und Musik, die auch kirchenfremde Menschen ansprechen — oder warum werden unsere Kirchen regelmäßig von so vielen Kunstinteressierten besucht? Der erste Eindruck, den man so vermittelt, ist dabei kein intellektueller, sondern ein Gefühl der Größe, der Erhabenheit und der Schönheit, die eine tief im Menschen wohnende Sehnsucht zum klingen bringen kann: Gott, der Herr, ist Heilig! Er ist nicht nur der gute Jesus, repräsentiert durch einen sympathischen Papst, er ist auch fremd und beeindruckend, und nicht zuletzt ist er auch Schön.

Hätte man auf solche Art in aller Öffentlichkeit bekundet, dass, und vor allem wie man den Herrn mitsamt der Schöpfung zu feiern in der Lage ist, wäre es nach gut bayrischer Tradition sicher nicht schlecht, die Rolle des Papstes und der Kirche, bei anschließender Brotzeit mit einem kühlen Schluck in Biergartenatmosphäre diskutierend, ausklingen zu lassen.

 

Thod Verfasst von:

Glaube denen, die die Wahrheit suchen, und zweifle an denen, die sie gefunden haben.