Zu PEGIDA (Patriotische Europäer gegen Islamisierung des Abendlandes) ist in den letzten Wochen eine Menge geschrieben worden. Dabei überwiegt in den Medien sowie bei staatlichen Stellen eine barsche Ablehnung, die oftmals nicht einmal zum Schein versucht, argumentativ Stellung zu nehmen. Reflexartig preschte die große ehemals konservativ/christliche „Volkspartei“ hervor um sich so weit als möglich zu distanzieren – ihr Generalsekretär kommt nicht einmal bei seinen Weihnachtsgrüßen ohne Spott aus.
Dabei wird bestenfalls ein „diffuses Gefühl“ der Demonstranten wahr genommen, dem man entgegentreten müsse. Wie, das ist allerdings weithin ungeklärt.
Ich kann mir mittlerweile nicht mehr vorstellen, dass es sich bei den fehlenden Argumenten um eine Art Sprachlosigkeit handelt, die dem Paradigmenwechsels geschuldet ist, durch den sich mittlerweile auch politisch rechts stehende Bürger zum Widerstand gegen das Establishment aufgerufen sehen. Zwar empfinden sich viele Stimmen der Öffentlichkeit in guter sozialistischer Tradition, die von Haus aus auf der Seite des Volkes zu stehen glaubt, doch sollte man den Unmut (der tatsächlich einige Parallelen zum Fall des Staatssozialismus in Osten aufzeigt) mittlerweile mitbekommen haben.
Meiner Ansicht nach geht es vor allem um das, was man seit 50 Jahren versucht auszumerzen: das gute alte Schubladendenken. Längst steht nur noch eine Frage im Raum: „Gehört eine Initiative zu uns, oder zu den anderen?“ Dabei werden „die anderen“ pauschal mit dem Begriff „rechts“ abqualifiziert, ohne dass sich noch jemand konkret etwas unter den beiden politischen Richtungen vorstellen kann.
Grundsätzlich gibt es ein großes Defizit in Bezug auf die Begrifflichkeiten, mit denen wie selbstverständlich hausieren gegangen wird. War es früher schon mehr als zweifelhaft, alles Radikale unter Generalverdacht zu stellen (warum sollte man etwas gegen eine Radikale Menschenliebe haben), so reicht heute schon das Etikett „rechts“ aus, um jemanden für gesellschaftlich nicht satisfaktionsfähig zu erklären.
Was aber bedeutet dieses „Rechts“?
Kurz gesagt: Es bedeutet, dass man ein nicht allein auf das Diesseits beschränktes Weltbild vertritt, oder allgemeiner ausgedrückt, es besagt, dass man an einen personalen Gott glaubt, dem man u.a. für sein Tun und Handeln verantwortlich ist. Zurück geht die Bezeichnung auf eine Interpretationrichtung Hegels, die sog. Linkshegelianer sahen im Absoluten Geist ein unpersönliches Strukturprinzip, die Rechtshegelianer fassten ihn personal auf. Vermutlich war es Marx bzw. der Marxismus als materialistische Hegel-Interpretation, der die linke Politik dauerhaft als solche in der Öffentlichkeit verankerte.
Was wir heute aber unter „Rechts“ verstehen, ist eine Art PR-Gag der ehemaligen NSDAP, die ihre linke, also sozialistische Politik erfolgreich als Rechts verkaufte um im bürgerlichen Lager Stimmen zu fangen. Die von ihrer gesamten Programmatik her dem Sozialismus anhängende Bewegung konnte sich somit erfolgreich von ihrem Bruder, dem Kommunismus, abheben und sich als Retter vor diesem profilieren.
Während es später gerade in den bürgerlichen Nachkriegsparteien zeitweise so aussah, als könne man an die ursprüngliche Definition anknüpfen, zeigt sich gerade in den letzten Jahren immer deutlicher, dass die Nationalsozialisten die langfristige Deutungshoheit über die politische Landschaft gewonnen haben – heute ist es fast nur noch möglich, sich politisch als Links zu positionieren, um nicht direkt mit jener unseligen Spielart des Sozialismus assoziiert zu werden.
Natürlich hat diese Wahrnehmung auch handfeste Folgen. Der Mantel, unter den man sich begibt, färbt ab, so dass man im linken Milieu bewusst oder unbewusst in das Fahrwasser des Atheismus/Laizismus gerät, wenn man sich nicht deutlich vor Augen stellt, welcher Geisteshaltung man sich andient. Oder anders: Was Vielen heute an PEGIDA nicht gefällt ist eben jene Nähe zum Nationalsozialismus, die vor allem dadurch entsteht, dass man versucht traditionell patriotisch zu sein (was das in Bezug auf Europa bedeutet wäre ein weiteres Thema), ohne dabei aber explizit an das Christentum anzuknüpfen. Auf diese Weise steht man eher für eine krude Form des Sozialismus ein, denn für eine traditionell abendländische Kultur, die somit letztlich zur reinen Folklore verkommt.
Was hier meines Erachtens dringend Not täte, wäre eine deutliche Analyse der Grundanliegen von PEGIDA, vor allem um Anknüpfungen an die wirkliche Tradition Europas zu ermöglichen. Hierbei ist eine Distanzierung, wie es z.B. Bischof Schick von Bamberg empfiehlt, mehr als kontraproduktiv, ganz im Gegenteil sehe ich zahlreiche Gesprächsperspektiven, gerade im Hinblick auf eine Rechristianisierung Europas.