Gedanken zur Kirchensteuer

Zu Erntedank gingen wir wieder einmal in die uns zugewiesene Heimatpfarrei, bzw. nunmehr den Heimatpfarrverband. Das Alter der Messbesucher lag wie gewohnt bei 60+ und der Geistliche mühte sich redlich, einen persönlichen und engagierten Eindruck zu hinterlassen. So erfuhren wir, dass wir an Erntedank vor allem für Nähnadeln, Aschenbescher und Salzstreuer zu danken hätten, dass überhaupt in erster Linie einmal Dank angebracht sei, auch wenn es schwer zu vermitteln sei, wem. Gerade Jugendlichen (von denen es anscheinend irgendwo 40 Firmlinge geben solle) sei es nicht einfach, den Heiligen Geist zu erklären. Sollte evtl. ein Landwirt zugegen gewesen sein, wird er vermutlich nicht schlecht gestaunt haben, als der Priester gleich mehrmals erwähnte, dass das Obst vor dem Altar ganz ohne menschliches Zutun dort hin gekommen sei.

Ganz unwillkürlich kann man sich bei diesen tiefgreifenden Ausführungen und Bekenntnissen fragen, woran es liegt, dass der Pfarrer, der früher gemeinsam mit dem Lehrer die Intelligenz vor Ort vertrat, heute nicht mehr weiss, dass Früchte angepflanzt, gegossen, gepflegt und geerntet werden, ja, nicht einmal, wie man der Gemeinde die Existenz des Heiligen Geistes näher bringt und sich stattdessen während der Messe lieber in einem drittklassigen Bühnenschauspiel ergeht.

Wenn der Papst bei seinem Deutschlandbesuch davon gesprochen hat, dass sich die Kirche weniger in weltlichen Strukturen verfangen möge, hat er sicherlich nicht gemeint, dass man über grundlegende Zusammenhänge der Welt nicht Bescheid wissen müsse. Auch kann ich mir nicht vorstellen, dass mit spirituellen Wurzeln christlichen Glaubens, auf die man sich wieder besinnen solle, dieses trostlose Spektakulum gemeint sein könne, indem ein paar Duzend Greise gelangweilt in den Stühlen sitzen, sich nicht einmal nach dem Kommunionempfang den Anschein des Betens geben, und der Pfarrer ständig aus seiner Rolle als Priester herausfällt, um z.B. den Friedensgruß oder den Schlußsegen noch einmal persönlich zu unterstreichen.

Wenn dies die Art der „lebendigen Gemeinde“ ist, die nicht nur von unseren Bischöfen so oft gepriesen wird, dann muss man den Begriff  „Leben“ wohl ganz neu definieren. Wachstum im Glauben, Besinnung auf Christus, Quell übersprudelnder Freude am Evangelium oder gar eine innige, um sich greifende Liebe zur Kirche, dies alles ist nicht im Ansatz spürbar. Dass das Papstwort in Freiburg angesichts derartiger Verhältnisse immer deutlicher in Richtung Auflösung der bisherigen Form der Kirchensteuer interpretiert wird, kann da nicht wundern – die Frage, ob für einen Katholiken derartiges zu unterstützen überhaupt moralisch vertretbar ist, liegt offensichtlich in der Luft.

Vermutlich wird eine neu erblühende Kirche nicht aus dieser klassischen Gemeindestruktur hervorgehen, sondern wie man immer häufiger hört, aus geistlichen Zentren (wie immer diese auch aussehen mögen). Neuerdings werden auch freikirchliche Strukturen als Vorbild für eine Kirche der Zukunft genannt, doch bin ich bei derartigen Prognosen vorsichtig. Zum einen sollte man eine breit angelegte Infrastruktur nicht vorschnell aufgeben, zum anderen verliert man durch Anpassung an Kleinst- und Splittergruppen schnell auch das Gefühl für die Wichtigkeit der Einheit der Christen.

Ich halte es für eine der wichtigsten Aufgaben, denen sich die Deutsche Bischofskonferenz zukünftig stellen muss, Alternativkonzepte der Finanzierung sowie der effektiven Verkündigung zu entwickeln. Gerade die Finanzierung spielt dabei eine nicht zu vernachlässigende Rolle. Es ist nicht schlecht, wenn die deutsche Kirche über Geld verfügt, sondern kann durchaus ein Segen sein, wenn dieses nicht in fruchtlosen Gemeindeaktionen oder undurchsichtigen Kanälen verschwindet, in denen sich manigfaltige unbekannte und vor allem unwichtige Gremien selbst bedienen.

Der Kirchensteuerzahler sollte sehen, wofür sein Geld eingesetzt wird, am besten sollte er durch Unterstützung ausgewählter Projekte und Strukturen auch lenkend eingreifen können. Das Geld selbst sollte für den Glauben fruchtbringend in der ganzen Welt angelegt werden, Bedürfftigen helfen und der kirchlichen Verkündigung dienen. Alte Zöpfe, gerade auch viele Pfarrei- und Dekanatstrukturen können dabei getrost abgeschnitten werden.

Thod Verfasst von:

Glaube denen, die die Wahrheit suchen, und zweifle an denen, die sie gefunden haben.