Anfang der 90er Jahre, auf einem Atari ST, mit einem 14.4er Modem, habe ich das erste Mal so etwas wie eine Online-Community kennen gelernt; damals auf Basis des BTX, denn das Internet war gerade so auf der Schwelle ins öffentliche Bewusstsein.
Im Grunde hat sich seitdem nicht viel verändert, was eine Social-Media-Plattform benötigt war vorhanden, auch wenn die Technik Moden unterworfen ist: vom klassischen Chat, über 3D-Plattformen wie Second Life oder diversen Spielewelten, themenorientierten Foren, bis hin zu modernen Angeboten wie Twitter und Facebook. Auch Messenger waren fast von Anfang an mit dabei, lange Jahre wäre ich mir ohne ICQ recht isoliert vorgekommen.
Genauso, wie ich es jämmerlich finde, wenn Leute in Kneipen, aus denen sie rausgeworfen wurden, bettelnd wieder Einlass begehrten, so halte ich es auch mit virtuellen Stammtischen. Ich habe Anbietern, die mich gesperrt oder etwas von mir ohne Rücksprache gelöscht haben, stets unwiderruflich den Rücken zugekehrt.
Auf moderne Plattformen bezogen, wird das immer schwerer. Denn sieht man auf die Entwicklung zurück, ist es verwunderlich, wie wenig von der einstigen Vielfalt übrig geblieben ist. Einige wenige (um nicht zu sagen eine einzige) Firmen bestimmen weltweit über den öffentlichen und persönlichen Austausch in ihren Diensten und arbeiten bereitwillig mit lokalen Regierungen zusammen. Ganz offen wird so, auch in westlichen Demokratien, über den leicht durchschaubaren Kniff Privatfirmen zwischenzuschalten, flächendenkende Zensur ausgeübt.
Natürlich ist es zu bedauern, dass der Ton rauer wird, doch verfügen wir (zumindest in Deutschland) über ein ausreichendes juristisches Regelwerk, um üble Nachrede, Verleumdung, Beleidigung und ähnliche Straftaten zu ahnden. Aufgabe des Staates wäre es, solchen Vergehen nachzugehen, nicht diese zu verwischen, indem Unliebsames für Dritte nicht überprüfbar gelöscht wird. Ab einer gewissen Größenordnung und somit politischen Relevanz wäre eher zu überlegen, auch Firmen eine Löschung von Content grundsätzlich zu untersagen. Ebenso wäre es sinnvoll, eine staatliche Garantie zur Teilnahme am öffentlichen Diskurs einklagbar zu machen, und somit Sperrungen zumindest deutlich zu erschweren.
Über die aktuelle Situation zu jammern hilft natürlich nichts. Doch stellt sich immer deutlicher die Frage nach dem Wert inhaltlich gesteuerter Kommuniktionskanäle und im Zusammenhang damit nach Alternativen. Hier wären neue Ansätze und Ideen gefragt, wenn man sich nicht wie Weidevieh zur Schlachtbank führen lassen will.