Weltgeschichte der Sklaverei
von Egon Flaig
Manch einer mag sich schon einmal gefragt haben, warum mit Afrika ein gesamter Kontinent seit Menschengedenken nicht richtig zu prosperieren in der Lage ist. Zwar findet sich schnell die europäische Kolonialpolitik als Schuldiger, doch auf die Frage wie es dort vorher bestellt war, werden die Antworten spärlich. Einigen mag vielleicht die Antike noch ein Begriff sein, insbesondere Ägypten sowie der fruchtbare Norden am Mittelmeer, doch breitet sich ansonsten ein weitgehend blinder Fleck über mehr als tausend Jahre Geschichte auf dem „schwarzen Kontinent“ aus.
Die „Weltgeschichte der Sklaverei“, auch wenn sie sich längst nicht auf Afrika beschränkt, kann hier einiges an Erkenntnissen bringen. Sauber recherchiert, eine Vielzahl an Quellen und Verweisen mitführend, bringt Flaig Zusammenhänge ans Licht, die bei historischen Betrachtungen oft nur am Rande gestreift werden, wenn überhaupt. So ergibt sich in mancher Hinsicht ein neues Bild über Ereignisse, die man eigentlich schon zu kennen glaubte. Nebenbei erfährt man, wie es zum (Hautfarben)-Rassismus gekommen ist, wodurch der Gedanke der Menschenrechte inspiriert wurde und wie letztlich eine weltweite Überwindung der Sklaverei hat stattfinden können, ohne dass Sklaven selbst die treibende Kraft gewesen wären.
Wie einzigartig unsere heutige Situation in einer (mehr oder weniger) sklavenfreien Welt ist, dass dies keineswegs selbstverständlich ist und auch nicht so bleiben muss, wird vor allem im Schlusskapitel deutlich. Die dort vertretene Position ist im Stande, Kontroversen hervorzurufen, für deren Diskussion man das Buch jedoch gelesen haben sollte, da man an der Vielzahl der Fakten bei einer redlichen Beurteilung nicht vorbei kommt.
So erlaube ich mir hier, eben dieses letzte Kapitel in voller Gänze zu zitieren, denn dies scheint mir für die Beurteilung, ob man auch den weiteren Ausführungen des Autors folgen möchte, am besten geeignet:
„Unter den großen Lieferzonen der weltweiten Sklaverei nimmt Afrika wahrscheinlich den ersten Platz ein, obschon wir nicht wissen, wie viele Millionen Inder in den moslemischen Djihads versklavt wurden. Intellektuelle afrikanischer Abstammung stilisieren den afrikanischen Kontinent als Hauptopfer und suchen nach Tätern. Dabei treiben sie Gedächtnispolitik besonderer Art. In Wydah, dem großen Hafen für Sklavenexporte im Benin steht ein Denkmal, das Tor der «Nimmer-Wiederkehr»: ein Relief zeigt zwei lange Kolonnen von gefesselten Menschen, die der Küste und ihrem Schicksal jenseits des Atlantik entgegengehen. Denkmale zeigen; aber sie verschweigen auch. Denn nirgendwo stehen Monumente für den riesigen Teil versklavter Afrikaner, welcher nicht exportiert wurde, sondern in den großen Versklaverstaaten verblieb. Und wo sind die Denkmale für den Export in die islamische Welt? Für die verschleppten 9 Millionen, welche durch die Sahara verschleppt wurden, die mindestens 8 Millionen, die über den indischen Ozean und das Rote Meer gingen? Dieses Thema ist tabuisiert. Doch indem man jene 17 Mio Versklavte leugnet, spricht man ihnen den Status ab, Opfer zu sein wie ihre 11 Mio Leidensgenossen. Warum? Sind sie Menschen von minderem Wert? Zwischen afrikanischen Ethnien waltet ein kräftiger Rassismus; doch was darf er ungestraft anrichten? Das Leugnen geht jedoch noch viel weiter: Verschwiegen wird, daß es Afrikaner waren, die versklavte Afrikaner verkauften. Und es wird beharrlich geleugnet, daß es Afrikaner waren, die jene 28 Mio Exportierten versklavten – und schlimmer als Sklavenhaltung und -handel ist immer und überall das gewaltsame Versklaven. Selbstverständlichwird abgestritten, daß die westliche Kolonialisierung – und nur sie – die Sklaverei in Afrika beendet hat, in mühsamem Kampf gegen die afrikanischen Eliten und Versklaver-Ethnien. Afrikanische Intellektuelle bilden eine Einheitsfront einträchtigen Leugnens, um der westlichen Kultur die Schuld an der Sklaverei zu geben. Inzwischen geht diese Schuldzuweisung mit der Forderung nach Reparationen einher. Groteskerweise sind es großenteils […] Angehörige der ehemaligen Versklaver-Ethnien […], die heute die Opferrolle spielen. Auf der Durban-Konferenz 2001 forderte Ali Mohamed Osman Yasin Reparationen vom Westen, als Justizminister des Sudan – wo Schwarze seit über 20 Jahren erneut versklavt werden.
Falls die Nachfahren der Versklaver Entschädigungen entrichten müssen für die damaligen Opfer, wieviele Billionen haben dann die moslemischen Länder des Sahel an ihre südlichen Nachbarn [zu] zahlen, und wieviele die nicht-islamischen Kriegerethnien an ihre Nachbarn? Wieviele Billionen müssen die Suaheli an ihre Opfer zahlen? Ganz zu schweigen von den ungeheuren Summen, mit welchen die Kernländer des Islam ihre Schuld gegenüber Schwarzafrika tilgen müssten. Doch warum bloß an Schwarzafrika? Wenn Sklaverei, Versklaven und Sklavenhandel ein Verbrechen gegen die Menschheit ist, dann kann Indien riesige Reparationsforderungen an Afghanistan, Pakistan, Persien und Usbekistan stellen, Rußland und die Ukraine enorme Summen von der Türkei, dem Irak und Persien verlangen.
Wer sich weigert, die eigene Geschichte aufzuarbeiten, ist gezwungen sie zu wiederholen. Nicht zufällig droht gerade in Afrika die Sklaverei in Reinform mit ihrer Wiederkehr: Die heutigen Warlords mit ihren Kindersoldaten setzen genau da an, wo die Warlords des 19. Jhs. – Samori, Tippo Tip, Mirambo – aufhörten, als der britische und französische Kolonialismus ihnen das Handwerk legte. Jene afrikastämmigen Intellektuellen, welche sich heute als Nachfahren von Opfern sitlisieren, lehnen allzumeist die Menschenrechte rundheraus ab. Indes, wie soll dann die Sklaverei der Frühen Neuzeit ein Verbrechen gewesen sein? An der Sklaverei entscheidet sich das Schicksal der Menschenrechte. Es gilt als schick, diese als westliche Erfindung abzutun und ihren Anspruch auf univerale Geltung zu verhöhnen. Schon einmal geschah dies, im 20. Jh.; und es geschah nicht ungestraft. Denn nur wenn die Menschenrechte und ihr Artikel 4 universal gelten – für alle Kulturen ohne Ausnahme -, nur dann ist die Sklaverei ein Verbrechen. Und nur wenn die Sklaverei ein Verbrechen ist, lassen sich die vielen alten und neuen Formen persönlicher Unfreiheit bekämpfen, welche in der globalisierten Welt sich endemisch verbreiten. Nur wenn sie ebenso bezwungen werden wie es mit der Sklaverei gelang, wird die globalisierte Menschheit ihr politisches Zusammenleben auf die Freiheit gründen können. Andernfalls war der größte Sieg in der Geschichte der Menschheit eine verebbende Welle, und unsere westliche Kultur bleibt eine Zeitinsel inmitten eines endlosen Ozeans von Unfreiheit.„