Mittlerweile gehen Menschen vermehrt auf die Straße. Die großen Medien zeigen davon wenig, aber die Bilder alternativer Plattformen sind beeindruckend. Man möchte meinen, auch die Mächtigen kämen an den Massen, die zu demonstrieren bereit sind oder an den sogenannten Spaziergängen teilnehmen nicht mehr vorbei.
Doch der Eindruck täuscht. Wer heute in Parlamenten sitzt, wer im Establishment angekommen ist, sei es in der Politik, in den Medien oder bei den Juristen, der ist nicht selten genau diese Schule durchlaufen: dem ehemaligen grünen Außenminister gleich, vom Steinewerfer zu einem der höchsten Staatsämter.
Man kennt die Gesetzmäßigkeiten der Straße und man wird einen Teufel tun, das, womit man selbst Erfolg hatte, gegen die eigene Position wirksam werden zu lassen. Im Gegenteil, die aktuellen Nachahmer werden verlacht. Man nennt sie den rechten Mob, man sitzt sie aus und lässt nichts an sich herankommen.
Damals, etwa in den 70ern, hätte ein Politiker mit Anstand nachgedacht, warum so viele gegen ihn demonstrieren oder vielleicht auch in Hungerstreik treten. Er hätte Skrupel gehabt und seinen Platz geräumt oder zumindest eingelenkt. Heute weiß man sich hingegen im Recht: Wer hungert, ist selbst schuld, er kann ja essen. Und mit Nazis, also allen die nicht auf Linie sind, spricht man nicht.
Die Strategie dürfte aufgehen. Auch wenn sich hunderttausende auf den Straßen versammeln, vor den Parlamenten auflaufen, die Polizei wird es richten – das kostet bloß eine kleine Anweisung. Man selbst ist fern daheim oder auf Empfängen und Parties der eigenen Klasse.
Was also wäre zu tun?
Es muss etwas Überraschendes sein. Etwas, womit man nicht rechnet. Und am besten etwas Persönliches. Etwas, dem man so einfach nicht auskommt.
Tatsache ist, dass die Brandstifter in den Parlamenten, in den höheren Ämtern, sozusagen, weit von der Straße, weit von den Sorgen und Nöten der Bevölkerung entfernt und abgeschirmt sind. Sie können Verordnungen erlasse und Reden schwingen. Letztlich sind sie aber angewiesen, auf die ausführenden Organe.
Bürgermeister, Sachbearbeiter in Verwaltungsreferaten, Bußgeldstellen, die vielen Vorzimmer der Macht vom lokalen Zweig großer NGOs, zu Arbeitgebern, die ihre Mitarbeiter willig unter Druck setzen bis hin zu Rektoren an Schulen und anderen staatlichen Einrichtungen. Sie sind diejenigen, die vor Ort die Lage beurteilen und die Anweisungen gehorsam ausführen. Dort ist der Hebel.
Statt also zu vielen Tausenden auf Marktplätzen vor leeren Rathäusern der Großstädte aufzumarschieren, wären ein paar Hundert oder Tausend Leute vor den entsprechenden Einrichtungen, die die Verantwortlichen ans Fenster rufen, vermutlich eindrucksvoller. Allerdings sollte auch das flächendeckend koordiniert werden (können).
Hat man dann jemanden ausfindig gemacht, der als williges ausführendes Organ Meldung macht, per Anschreiben oder gar mit Ordnungsgeld Druck ausübt, dann wäre es nicht schlecht, wenn Menschen genau solche Schriftstücke, mit dessen Unterschrift zur Hand hätten. Er ist es, der für seine Unterschrift verantwortlich ist, direkt und unvermittelt. Welcher Wasserkopf dahinter steht, muss erstmal nicht interessieren.
Zu Fragen wären dann bei einem solchen Termin zwei Dinge:
1. Wo sind die roten Linien. Hat der Betreffende etwas, wo auch er aussteigen würde?
2. Warum meint er, dass man mit ihm kein KZ betreiben könne – falls er keine roten Linien hat.
Menschen treten persönlich gegen andere an und sind darum auch persönlich zu stellen. Sich hinter Amtsstrukturen zu verstecken ist einfach. Das muss angegangen werden, wenn Druck auf der Straße erfolg haben möchte.