… versprechen eine ganze Reihe an Büchern, bieten teils teure Kurse oder gar Schulen an um dem Zeitgemässen Informationsfluss Herr zu werden. Doch was bringen diese Tricks, Wortgruppen zusammen zu erfassen, auf innerliches Ausformulieren von Worten zu verzichten, und ähnliches?
Ich denke, es bringt überall dort etwas, wo man eigentlich uninteressante Fakten schnell begreifen soll, also da, wo man klassisch Texte eh nur überflog: ellenlange Protokolle, Berichte über technische Details die man beispielsweise für den Arbeitgeber oder Kunden parat haben sollte oder auch die (Klatsch)presse, soweit man über so etwas informiert sein will. Einziger Hemmschuh bei dieser Art von Texten ist das nötige Interesse, welches Schnelllesen voraussetzt, denn wer an einem Text im Grunde nicht interessiert ist, bei dem versagen diese Techniken leicht und es reicht schliesslich doch einzig zum „Überfliegen“.
Vermeintlich interessant sind derartige Techniken dann wohl vor allem bei Romanen, deren Zahl die Läden und so manche Bibliotheken überfluten und deren Masse man mit traditionellen Lesemethoden kaum bewältigen kann. Doch wer will das überhaupt? Vielleicht eine hand voll Kritiker, doch wenn ich mich selber betrachte, so ist das schlimmste am Lesen eines guten Romans, sein zu frühes Ende. Ich lese vor allem Romane um in fremde Welten eintauchen und wenn möglich in ihnen verweilen zu können. Eine Technik, den Roman noch schneller zu ende zu bringen, wäre da höchst kontraproduktiv, solange der Roman meinen Nerv trifft. Trifft er ihn nicht, ist Nichtlesen dem Schnelllesen noch immer vorzuziehen.
Kommen wir nun zur letzten Gattung: dem Fachbuch.
Hier dürfte man sich vom Schnelllesen am meisten versprechen, und hier dürfte es am wenigsten halten, denn ein gutes Fachbuch zeichnet sich vor allem durch neue Erkenntnisse aus, die man in der Form noch nicht erfahren, und somit auch nicht leicht wiedererkennen kann. Dies aber ist für eine komprimierte inhaltliche Erfassung genauso nötig, wie sprachlicher Ballast, den man an seinen Floskeln erkennt und somit ohne Sinnverlust ausblenden kann. Ist ein Fachbuch jedoch sinnvoll aufgebaut, so haben derartige Passagen durchaus ihren Sinn: meist werden komplizierte Gedankengänge, die um kein Wort gekürzt werden dürfen ohne den Sinn zu verlieren, erst abstrakt dargestellt, und dann noch einmal zur Vertiefung beispielhaft ausgebreitet damit man in deren Anwendung das rechte Verständnis prüfen kann.
Wer meint, mit Schnelllesetechniken einem Fachbuch gerecht zu werden, in kurzer Zeit das Wesentliche daraus aufgreifen zu können, ist wohl über populärwissenschaftliches Werbematerial für diverse Ideologien noch nicht hinaus gekommen. Ernsthafte Auseinandersetzung mit wissenschaftlichem erfordert Zeit. Nicht nur zum Lesen, vor allem auch zum Nach-Denken. Viele Sätze muss man sich auf der Zunge zergehen lassen, man muss sie in vielerlei Weise in Kontexte stellen und teils lange über sie Brüten und kann sich selbst dann nicht immer sicher sein, sie richtig zu verstehen. Wer sie schnell überfliegt, sieht im Grunde nur das, was er anhand der Oberfläche, also der Worte, als Sinn vermutet. Auf diese Weise kann man Texte vor allem für eigene Zwecke vergewaltigen, in dem man überall nur die Bestätigung für eigene Thesen herausliest, da man ansonsten mit den Sätzen in aller Kürze keine Verknüpfungen herstellen kann. Doch sind wir mal ehrlich: Ist das nicht der Hauptzweck des Lesens großer Bücher – dass man überall nach Argumenten und Autoritäten zur Stärkung der eigenen kleine Welt sucht und für die Bestätigung der eigenen Größe vor keiner Vergewaltigung zurückschreckt?