In der Ära Schröder sagte mir einmal ein münchner CSU-Stadtrat, das Problem sei, Schröder mache die Politik der CDU/CSU und daran gäbe es für ihn als Oppsoition eigentlich nichts auszusetzen. Hier klang ehrlicher Respekt vor dem politischen Gegner und (wenn auch im privaten Rahmen) das Eingeständnis mit, dass man es selbst nicht besser könne.
Wenn man den immer lauter werdenden Stimmen in der CDU heute glaubt, hat sich nicht nur damals die SPD nach rechts bewegt (was sie wohl mittlerweile wieder korrigiert haben drüfte) sondern es bewegt sich heute auch die CDU nach links. Als Gallionsfigur für diesen Trend wird im allgemeinen Frau Merkel angeführt.
Vor diesem Hintergrund finde ich den derzeitigen Coup von SPD/Grünen, Herrn Gauck als Präsidentschaftskandidaten vorzuschlagen, sehr interessant: Die Oppositionsparteien haben vordergründig nichs zu verlieren und dass die Regierungskoalition arrogant/stümperhaft genug ist, sich im Vorfeld nicht einmal pro forma parteiübergreifend abzusichern, war voraussehbar. Man braucht also nur einen eher bürgerlichen Kandidaten mit gutem Ruf ins Rennen zu bringen, um sich einerseits von der Linkspartei abzusetzen, andererseits die schwelende Unzufriedenheit innerhalb der CDU anzuheizen. Genüsslich kann man dann der Selbstzerfleischung zusehen und lachend aussen vor stehen.
Billigend oder gar bewusst nimmt man damit in Kauf, dass gerade der CDU-Flügel um Frau Merkel, der den Themen der SPD inhaltlich am nächsten stehen dürfte, besonders brüskiert wird und sich die traditionelleren Kräfte gegen sie gestärkt fühlen. Dass es dabei primär um die Schwächung des politischen Gegners geht und die Personen austauschbar sind (hätte Frau Merkel Herrn Gauck vorsgeschlagen, man kann sich vorstellen, wie eschauffiert die Vertreter von SPD/Grüne reagiert hätten) versteht sich wohl von selbst.
Die Frage bleibt, auf was wir durch derartige Taktiken zusteuern: meine Vermutung, u.a. auch gestützt durch den Blick auf Wahlen im Ausland (z.B. Tschechien), ist eine Zersplitterung des rechten Lagers in immer mehr Parteien. Dass die Bevölkerung dadurch im Ganzen aber mehr links wählen wird, wage ich zu bezweifeln, eher wird sich die politische Landschaft mehr und mehr zersplittern und radikalisieren, womit exakt das erreicht ist, was linke Politik i.d.R. zur Folge hat.