Seligsprechung Johannes Paul II

Der erste Mai 2011 ist für viele Katholiken ein besonderer Tag: Der Papst, mit dem sie über 26 Jahre ihres Glaubenslebens aufgewachsen sind, der die Kirche im Licht des Zweiten Vatikanums wie kein anderer modernisiert hat, der durch sein persönliches Vorbild im Glauben, seine tiefe Frömmigkeit, weit über das Christentum hinaus beeindruckt hat, wird zum Seligen der Kirche erklärt.

Dabei ist den meisten gar nicht klar, was eine Seligsprechung eigentlich bedeutet; es genügt zu wissen, dass „dem Papst der Herzen” eine spezielle Ehre zuteilgeworden ist. Nicht wenige meinen, mit diesem Akt sei eine besondere Art der Legitimierung seiner Amtstätigkeiten verbunden, so liest man vermehrt Aufforderungen wie die, seinen Namen um das Attribut „der Große” zu erweitern, was ihn als bedeutende Figur der Kirchengeschichte herausstellen, ihn vielleicht gar als Kirchenlehrer qualifizieren würde.

 

Doch worum geht es bei einer Seligsprechung?
Das lateinische Wort für Seligsprechung ist „Beatifikation”. „Beatus”, zu deutsch „glücklich” preist den Betreffenden als „Heiligen”, d.h. als einen der auserwählten, die das Ziel christlichen Strebens, die „ewige Seligkeit” in Gemeinschaft mit Gott und allen anderen Heiligen erlangt haben. (Selig- und Heiligsprechung unterscheiden sich nicht in der Qualität des „Heiligkeitsstatus” sondern in der Verbreitung der öffentlichen Verehrung)

Die Seligsprechung ändert also nichts am Stand der betreffenden Person, sondern stellt kraft kirchlicher Autorität das Leben Einzelner einer breiten Öffentlichkeit als besonderes Vorbild dar. Von den meisten Heiligen, die im Stillen und von der Masse unbekannt ihren Weg der Christusnachfolge erfolgreich zu Ende gegangen sind, wissen wir nichts, ihnen wird vielleicht von nahen Verwandten und Freunden gedacht, bis sie aus dem Menschengedächtnis verschwinden. Im Hinblick auf ihre Seligkeit stehen sie den offiziell bekannt gemachten jedoch nicht nach.

Weder eine persönliche Seligkeit, noch eine öffentlich festgestellte, legitimiert jegliche Handlungen aus dem Leben der Betreffenden, oder gar deren Folgen. Wie kein Mensch frei von Sünde ist (ausser Christus) so sind es auch die Heiligen nicht, vielmehr sind sie aufgrund persönlicher Frömmigkeit und inniger Christusbeziehung von Gott trotz ihrer Sünden angenommen.

 

Unser neu seliggesprochener Papst hat in diesem Sinne ganz sicher ein vorbildliches Leben geführt. Er hat nicht nur durch seine persönliche Frömmigkeit, sein für alle sichtbar vom Gebet bestimmtes Leben, sondern insbesondere auch durch seine Glaubensstärke im Tod bewiesen, welche Stärke ihm sein Glauben verliehen hat. Auf diese Weise ist er nicht wenigen zum Vorbild geworden, wie der beeindruckende Chor seiner Anhänger beweist.

Als Papst trat Karol Józef Wojtyła, so sein bürgerlicher Name, überzeugend für christliche Akzente in der ansonsten immer stärker atheistisch werdenden Welt ein. Hier sei nur kurz an sein kompromissloses Ringen für das menschliche Leben (auch vorgeburtlich), an seine Beteiligung der Bekämpfung weltlicher Sozialismen oder an die endgültige Lehrentscheidung, die Kirche vor dem Frauenpriestertum zu schützen, erinnert. All diese Weichenstellungen seiner Kirchenpolitik werden wohl auch langfristig gute Früchte tragen, zumal sie dem nachhaltig positiven Kirchenbild, welches Johannes Paul II in die Welt trug, in keiner Weise schadeten.

Trotz dieser Verdienste machten sich gerade im Vorfeld der Seligsprechung nicht wenige skeptische Stimmen bemerkbar, die vor allem im derzeitigen Zustand der Kirche ein deutliches Problem seiner Kirchenführung sehen. So zeige sich an den Bischofsernennungen, dass der Papst besonders Opportunisten geschätzt habe, denen an der Verteidigung des Glaubens wenig lag und die in ihren Bistümern bis heute ein wahres Feuerwerk der Häresien förderten. Im interreligiösen Dialog sei der Papst häufig zu weit gegangen, so beim berühmten „Korankuss” oder seinen gemeinsamen Gebeten mit Vertretern anderer Religionen, insbesondere dem sog. „Weltgebetstreffen” in Assisi. Mit derartigen Zeichenhandlungen habe Johannes Paul II die dogmatische Lehre der Alleinseligmachung durch die Kirche (extra ecclesiam nulla salus) untergraben.

Was sich an berechtigten Punkten dieser Kritik halten wird, ist heute noch nicht abzusehen. Vielleicht aber kann man sagen, dass Johannes Paul II im Gegenteil zu vielen Würdenträgern vor ihm, die im Amt hochmütig wurden und dadurch stolperten, zwar mit Konsequenzen seiner Amtshandlungen nicht immer eine gute Hand bewies, dies aber seiner persönlichen Entfaltung im Glauben keinen Abbruch tat. Viele Handlungen seiner Bischöfe wird er genausowenig zu vertreten haben, wie die (oft angekreidete) Kürze seines Seligsprechungsverfahrens oder des für sie herangezogenen „Wunders”.

Auch wenn Karol Wojtyła die weltpolitischen Geschicke der Kirche über lange Zeit maßgeblich beeinflußt hat und sein persönliches Vorbild im Glauben überzeugt, wird man die Folgen des Pontifikates sorgfältig zu überprüfen haben, bevor man ihm den Beinamen „der Große” guten Gewissens verleihen kann. Meine Hoffnung für die nahe Zukunft ist vor allem, dass von unserem neuen seligen Papst zukünftig aufgrund seines persönlich vorgelebten Glaubens gedacht werden wird, dass er ebenso als Mahnung vor Sozialismus und Kommunismus im Gedächtnis bleibt, sowie dass synkretistische Momente seiner Amtszeit mehr und mehr in Vergessenheit geraten.

Thod Verfasst von:

Glaube denen, die die Wahrheit suchen, und zweifle an denen, die sie gefunden haben.