Ich habe länger überlegt, ob ich selber etwas über die Afrikareise des Papstes schreiben soll, wieder einmal über „Humanae vitae“ und das Lieblingsthema der Medien: „Sexualität“.
Da ich aber in der Onlineausgabe von Zenit einen hervorragenden Kurzartikel gefunden habe, der mir sehr aus dem Herzen spricht, möchte ich lieber diesen vorstellen:
Der Papst in Afrika: eine Bilanz über zwei Reisen
Von Andrea Tornielli
Bei seinem Afrikabesuch hat Benedikt XVI. in den sechs Tagen seines Aufenthalts auf dem schwarzen Kontinent zwei Reisen unternommen. Zwei Reisen, die sich sehr voneinander unterschieden.
Die erste Reise war die wirkliche, die sich durch den Kontakt mit den Menschenmengen in Kamerun und Angola auszeichnete. Es war die Reise der Themen, die der Papst in seinen Ansprachen und Predigten angegangen hat, die Reise des Aufeinanderprallens mit den Widersprüchen der beiden Hauptstädte, in denen Reichtum und extremste Armut Seite an Seite leben.
Die andere Reise war die virtuelle, jene Reise, mit der sich Kommentatoren, Bürokraten und westliche Meinungsumfrager beschäftigt haben, die Ratzinger der Unverantwortlichkeit bezichtigten, weil er das gesagt hatte, was alle mittlerweile anerkennen müssten und durch wissenschaftliche Studien bestätigt ist: Die Verteilung von Präservativen ist keine wirksame Methode zur Bekämpfung der Verbreitung von AIDS in diesen Ländern.Drei Tage lang – während der Papst von Armut, Entwicklung und Menschenrechten sprach – diskutierte man über Präservative. Um dann während der folgenden drei Tage dazu überzugehen, über die therapeutische Abtreibung zu debattieren, auf der Grundlage eines Satzes, den Benedikt XVI. in einer starken Rede über die Übel ausgesprochen hatte, die Afrika quälen.
Die Maschine der Massenmedien und der Politik setzte in Gang und kam nicht mehr zur Ruhe. Und so wurden in Frankreich, wo es in der letzten Zeit zu einem Nationalsport geworden zu sein scheint, auf den Papst zu schießen, Meinungsumfragen veranstaltet, um zu beweisen, dass wenigstens die Hälfte der Katholiken des Landes den Rücktritt von Ratzinger forderten.
Liest man die Erklärungen von einigen Ministern und deren Sprechern, so entsteht der Eindruck, dass der Papst zum ersten Mal seit langer Zeit nicht mehr von jenem Respekt umgeben ist, der einer Person „super partes“ gezollt wird, sondern dass er wie ein Parteichef betrachtet wird, der dem täglichen Hin und Her von Erklärungen ausgesetzt ist, die typisch für den politischen „Eintopf“ sind.
Da sind die, die ihn zum Schweigen auffordern, andere wollen, dass er zurücktritt, wieder andere erklären ihm, was er zu sagen hat und wie dies geschehen soll. Auf diese Weise wurden 16 Ansprachen, die auf afrikanischem Boden gehalten wurden, auf zwei Sätze reduziert, wobei der erste sogar spontan während der Pressekonferenz im Flugzeug gefallen ist,
Man hat den Eindruck, dass Benedikt XVI. nicht übermäßig über diese wachsende Feindseligkeit besorgt ist. Nie wie in diesen Tagen konnte man die enorme Distanz wahrnehmen, die zwischen der wirklichen und der virtuellen Reise lag. Und wenn es wahr ist, dass die aufschäumende Kritik seitens gewisser westlicher Bürokratien in der jüngsten Zeit beispiellos ist, so ist auch in Erinnerung zu rufen, dass Johannes Paul II. in den ersten Jahren seines Pontifikats extrem harten Kritiken ausgesetzt war.
Ebenso ist an das Leiden und die Isolierung Pauls VI. in dem Moment zu erinnern, als er mutige Entscheidungen wie jene der Enzyklika „Humanae vitae“ traf und so zum Zeichen des Widerspruches wurde.
Was bleibt also von der Reise Benedikts XVI. nach Kamerun und Angola?
Vor allen Botschaften des Papstes zum Kampf gegen die Armut, für die Würde der Frau, für eine Wirtschaft, die nicht unmenschlich ist, für die Erziehung und die Entwicklung, bleibt eine Gegenwart und ein außerordentlicher Strom von menschlicher Sympathie, die in Angola ihren Höhepunkt gefunden hatte.
Viele einfache und außerordentliche Menschen haben eine Stunde nach der anderen unter der Sonne ausgeharrt: nicht um Joseph Ratzinger zu grüßen, sondern den Nachfolger des Petrus, der bis dort hin gekommen war, um die Brüder und Schwestern im Glauben zu stärken. Und in Ländern, die unter inneren Kriegen, Missbräuchen, Unterdrückung, Elend und Gewalt leiden, sind die Umarmung des Petrus, sein Lächeln und seine Nähe mehr wert gewesen als tausend Ansprachen.