Jede Generation hat ihre Weltuntergangsszenarien
Dass sich eine Generation, gerade in der Jugend, als letzte ihrer Art wähnt, ist eher die Regel als die Ausnahme.
Ich weiss noch gut, wie ich damals Angst vor dem Waldsterben hatte. Im Jahr 2000, so war ich der festen Überzeugung, wird in den deutschen Mittelgebirgen kein Baum mehr stehen. Und in der Tat sah die Welt damals noch ganz anders aus als heute.
Regelmäßig waren wir von der Schule aus mit großen blauen Plastiksäcken im Wald unterwegs um den Müll anderer zu sammeln, anschließend haben wir ihn dann am Schulhof verglichen und nach Größe prämiert. Heute wird man in einem deutschen Wald kaum mehr Abfall finden.
Vor jedem Haus haben die Leute ihre Autos gewaschen, dass dabei Öl im Kanal gewechselt wurde, kam auch vor. Im Rhein schwammen keine Fische mehr, heute ist der Lachs wieder heimisch und als Ausflug sind wir einmal durchs Ruhrgebiet gefahren um am vorher frisch gewaschenen Auto den Rußniederschlag zu demonstrieren.
Unweit meines Elternauses stand eine Glasfaserfabrik. Je nach Wind, schlossen wir die Fenster aufgrund des Gestanks.
Ich könnte diese Aufzählung noch lange so fortführen.
Damals war ich stark für den Umweltschutz engagiert. Im Freundeskreis versuchte ich, teils mit Erfolg, zu sensibilisieren, ich studierte die Bäume, die Krankheitserscheinungen, suchte Kontakt zum Deutschen Bund für Vogelschutz und zu Greenpeace. Ich hatte Angst und ich war fest überzeugt, die Natur liegt den letzten Zügen.
Seitdem sind einige Endzeitszenarien an mir vorbei gezogen, grob gesagt zu jeder neuen Generation ein neues Bild.
Gegenläufig dazu ist die Umwelt aber immer sauberer geworden, die Technik effizienter durch mehr Leistung bei weniger Ressourcen und die Sensibilität für den Naturschutz ist nun Grundüberzeugung, sowie Voraussetzung aller, die sich öffentlich äußern.
Mittlerweile ist der Einsatz für ökologische Themen kein Randthema mehr, er gehört zum Establishment. Die Bio- und Nachhaltigkeitsindustrie ist ein wesentlicher Tragpfeiler unserer Wirtschaft und hat eine Eigendynamik entwickelt, der sich niemand mehr entgegenzustellen traut.
Dabei wird, wie schon in Zeiten der HJ, vor allem die Jugend in den Dienst gestellt, denn wer aufsteht und demonstriert, wer politische Aktionen nicht gegen, sondern mit der Regierung und ihrer Umfeldorganisationen durchführt, der ist kein Teil einer Erneuerungsbewegung, nein, er marschiert im Gleichschritt voran.
Ob das aktuelle Endzeitszenario den vorherigen überlegen ist oder nicht, spielt keine Rolle. Es geht nicht um Wissenschaftlichkeit, sondern um Emotionen; darum, zu lenken. So ist es denn auch viel interessanter zu betrachten, wohin gelenkt wird, als sich in Streitigkeiten über den Aufhänger zu verlieren und hier ist etwas äußerst Bedenkliches festzustellen.
Haben frühere Bemühungen zum Umwelt- oder Heimatschutz den Menschen in eine besondere Verantwortung gestellt, war es Aufgabe des Menschen aus der an sich gefährlichen aber schönen Natur eine Kultur zu schaffen, die das Schöne bewahrt, sogar veredelt und die Gefahren eindämmt, so wird der Mensch heute als Schädling gesehen.
Die Natur, so hört man, sei ohne Menschen besser dran.
Abgesehen von der Frage, wie man auf so etwas kommt, ob es in der Natur eine Befindlichkeit gibt, ob sie zwischen einer unberührten Venus oder einem Urwald auf der Erde unterscheiden kann, hier wird der Mensch im scharfen Kontrast zur Natur gezeichnet. Er ist eine Fehlform, keine weitere Evolutionsstufe.
Von dem Gedanken ausgehend wird klar, warum Technik- und Kulturleistungen zurückgefahren werden, selbst diese, die uns in die Lage versetzt haben, frühere Probleme in den Griff zu bekommen.
Wohin diese Entwicklung führt, das gehört öffentlich disktuiert.