Das ewige Thema: Rechts & Links


Da stehn drei Nazis auf dem Hügel
und finden keinen zum Verprügeln in Brandenburg…

Dieser Ausspruch aus dem Repertoire Rainald Grebes steht im deutlichen Gegensatz zu den täglichen Meldungen über eine „Gefahr von rechts“. Auf der einen Seite denkt man an ein verlorenes Grüppchen, weit abseits im Lande, ohne jeglichen Einfluss, fast schon bemitleidenswert, auf der anderen Seite wird ein Geist der Unfreiheit, der Abgrenzung und der Aggressivität breiter Bevölkerungsschichten beschworen.

Was ist nun aber dran, am nationalsozialistischen Erbe Deutschlands?

Auffällig ist, dass in der heutigen Diskussion das Schlagwort „Rechts“ gar nicht mehr näher bestimmt wird. Es geht selten um konkrete Vorstellungen, mehr um ein allgemeines politisches Empfinden nach dem Motto „links ist gut und sozial, rechts ist schlecht und egoistisch“. Weder ein historischer Kontext, noch der gern gebrauchte Vorwurf des Radikalismus spielt eine Rolle – letzteres wird im linken Spektrum pauschal als harmlos oder gar engagiert, im rechten als eine bloße Steigerung gewertet.

Um festzustellen, ob wir tatsächlich in der Gefahr stehen uns gesellschaftlich mehr und mehr den ideologischen Grundlagen des Dritten Reiches anzunähern, oder ob derartige Befürchtungen aus der Luft gegriffen sind, kommt man um eine Auseinandersetzung mit eben jener Ideologie nicht herum. Es reicht nicht aus, sich verbal abzugrenzen, weltanschaulich aber, möglicherweise unbewusst, immer mehr in dessen Einfluss zu geraten.

Dass keine noch so deutliche Abgrenzung von einer Ideologie vor selbiger schützt, brachte schon Churchill mit seinem bekannten Ausspruch, die Faschisten der Zukunft würden sich Antifaschisten nennen, auf den Punkt. Warum das so ist, kann man sich gut an einem Spiegel vergegenwärtigen: Lehnt man eine Vorstellung pauschal ab und will möglichst weit entfernt davon das absolute Gegenteil verwirklichen, wird man mehr und mehr zum Stempelkissen genau dessen, wovon man sich abgrenzen will.

In Deutschland ist hierfür der Nationalismus ein gutes Beispiel. Wer spricht seit Hitler noch unbefangen von einer deutschen Nation? Wer würde gar den Deutschen eine besondere Position unter den Völkern einräumen, auf die man möglicherweise auch noch stolz wäre? Derartiges weckt von vorn herein üble Assoziationen und wer mit einem solchen Anliegen hausieren geht, steht gesellschaftlich weit im Abseits. Was aber, wenn man Deutschland als niedrigste und armseligste Nation auffasst, wenn man zu jeder Gelegenheit auf die unsäglichen historischen Geschehnisse verweist und unter dem Motto „niemals wieder“  versucht, jegliches Anzeichen von aufkeimendem Patriotismus zu ersticken? Was, wenn man nicht nur die  wirtschaftliche und politische Unabhängigkeit unterminiert, sondern wenn viel grundsätzlicher, schon an der Sprache begonnen wird, eine neue Gesellschaftsordnung zu etablieren? (Dabei denke ich nicht nur an Orwells Neusprech, in deren Tradition u.a. das Gender-Mainstreaming versucht mit klassischen Kategorien aufzuräumen, ich denke auch die Wandlung des Deutschen zur sog. „toten Sprache“– oder warum sollte man es sonst  für die Liturgie freigeben?)

Wenn man sich also für all diese Dinge einsetzt, dann, so lautet das vielleicht irritierende Urteil, auch dann ist man Nationalist; sozusagen mit negativem Vorzeichen. Es handelt sich ja bei Deutschland auch um eine Nation, die man gegenüber anderen abwertet, bzw. im negativen Sinne diskriminiert. Auch der vermeintlich kluge Schachzug Deutschland in einem geeinten Europa aufgehen zu lassen, ändert da nicht viel, denn auch das wäre eine Art Nation, die sich z.B. von den USA abgrenzen kann und die man ganz ähnlich bewerten müsste, wie heute Deutschland. Dass ein geeintes Europa aus verschiedenen Nationen besteht, ist dabei nur vorübergehend von Bedeutung; die Länder würden ähnlich den Volksgruppen innerhalb der Bundesländer mehr und mehr zur Folklore.

Dass diese Idee der Europa-Nation eine Konsequenz aus Erfahrungen mit dem Nationalismus des 19. und 20. Jahrhunderts ist, lässt sich an Vielem zeigen; dass sie den Nationalismus überwinden wird, scheint aber eher unwahrscheinlich. Nicht nur kann eine Supernation wie Europa weltweit viel aggressiver und selbstbewusster auftreten als einzelne Länder, zudem gärt und brodelt es innerhalb der Grenzen: Noch nie hat ein derartiger Verbund auf historisch gewachsenem Boden ohne äußeren Druck zusammengehalten. Nationale Ideen können hier also sowohl zur Zerreißprobe werden, als auch zum Motor einer aggressiven Außenpolitik.

Was ein dabeuein rechtes, bzw. nationalsozialistisches Gedankengut ausmacht, ist auf dieser Ebene gar nicht mehr so einfach auszumachen. Sowohl die Demontage einer Nation, also auch deren Überhöhung kann als Resultat rechter Ideologie angesehen werden und wird politisch auch je nach Gutdünken so bezeichnet. Will man sich aber tatsächlich hüten, in die Fußstapfen der Schreckensideologien des 20. Jhdt. zu treten, wird man einen anderen Weg beschreiten müssen und vom längst selbst zur Geschichte gewordenen Rechts/Links-Schema abkommen.

Ein Anfang wäre das Eingeständnis, dass der Mensch heute sich vom damaligen nicht grundsätzlich unterscheidet. Man könnte versuchen zu erkennen, wo man selbst Tendenzen in sich spürt, die vergleichbar sind mit dem, was zu besagtem Unheil geführt hat. Wo ist man sich derart sicher, dass man auch über die Köpfe anderer hinweg politisch Fakten setzen will? Wo kommt einem „der gerechte Zorn“ hoch, so dass man den anderen nicht mehr als Menschen, sondern nur noch als Gegner wahrnimmt? Wo spielen emotionale Phänomene, auch Massenbewegungen, eine größere Rolle als der unliebsame Weg der Wahrheit? Wo meint man einem Patentrezept auf der Spur zu sein, mit dem sich alle Probleme angehen ließen, wenn bloß alle anderen folgen würden?

Allein auf der Basis derartiger Überlegungen zeigt sich, ob man einen aufrichtigen und eigenständigen Weg zu beschreiten vor hat, oder ob man sich lieber bequem sozialistischen Idealen unterordnet, seien sie auf Klassen oder Nationen gegründet.

Thod Verfasst von:

Glaube denen, die die Wahrheit suchen, und zweifle an denen, die sie gefunden haben.