Christlicher Garten in Berlin erregt Anstoß

In einem Artikel vom 27. April 2011 liest man in der Zeitschrift „Junge Freiheit“ erstaunliches über einen Verein der „Freunde der Gärten der Welt“. Dieser habe eine Umbenennung des „christlichen Gartens“ gefordert, eines Bereichs im neuen Marzahner Erholungsgebiet „Gärten der Welt“. Als Begründung punktet der Verein mit Aussagen wie der, dass „es in der Geschichte der Gartenkunst nie einen originär christlichen Garten gegeben“ hätte, oder dass es bereits wütende Proteste von Besuchern gebe, die eine „Christianisierung“ beklagten, die nach Aussage des Vereinsvorsitzenden „am Beginn des 21. Jahrhunderts ausgerechnet in der weltoffenen Stadt Berlin“ nicht sein müsse. Ein islamischer Garten hingegen würde begrüsst, weil der Paradiesgarten schon im Koran erwähnt sei. Die Namensgebung stelle Muslimen gegenüber ein „fatales Zeichen“ dar — Christen gegenüber scheint der Verein sein Vorgehen hingegen als angebracht zu empfinden.

Verirrt sich der geneigte Leser nun zufällig auf die Website des besagten Vereins, lässt sich das Erstaunen durchaus noch steigern. Man erfährt, dass man es mit einem für Berlin geradezu repräsentativen Bevölkerungsanteil von sage und schreibe 40 Personen zu tun hat, die als ausgewiesenen Fachleute „sich das Ziel gestellt [haben], historische, kulturelle, regionale und religiöse Grundlagen sowie Hintergründe der Gartenkunst zu vermitteln“.

Wenn ich im folgenden ein paar Worte zur christlichen Gartenkunst äußern werde, bin ich mir natürlich bewusst, dass dies mit den Suren des Korans nicht gleichziehen kann und dass wir im Jahr 2011 natürlich längstens begriffen haben: Christentum hat mit Gartenbau ebenso wenig zu tun, wie Wichtigtuerei mit deutschen Kleingärtnervereinen.

 

Die Tradition des Paradiesgartens ist für das Christentum wesentlich. Immer wieder finden wichtige Handlungen in Gärten statt oder haben Bezug zu einem Garten:

  • Nicht zufällig beginnt die Passion im Garten Gethsemane, einem Ort des Gebetes an dem Christus schliesslich verraten und ausgeliefert wird
  • Nach der Auferstehung erscheint Christus der Maria Magdalena als Gärtner, ein Zeichen des hegenden und pflegenden Gottes
  • das Kreuz wird als Gegenstück zum Baum im Paradies gesehen, als Mittelpunkt der Gegenwart Gottes im neuen Paradies (Offb 2,7)
  • Schon die Wüstenväter schaffen um ihre Einsiedeleien eingefriedete Anwesen, aus denen die ersten Klosterformen hervorgehen
  • Von dem großen Kirchenvater Augustinus von Hippo heisst es, er habe Gleichgesinnte in einem ihm geschenkten Garten versammelt, in dem er später eine Kirche und ein Kloster errichtete.
  • Klostergärten sind bis heute weitaus bekannt, sowohl als Orte der Ruhe und Besinnung, sowie auch als Vorbild für moderne Gemüse- Obst- und (Heil)pflanzungen.
  • Von Kreuzgärten mit ihren Brunnenhäusern zur Bewässerung bis hin zu Friedhofsgärten entwickelt sich im Rahmen chrisltichen Lebens eine reiche Kultur an Gärten, so schreibt die Benediktinerregel Gartenarbeit fest als Bestandteil mönchischen Lebens vor.
  • Auch im Kirchenbau ist der Garten ein Thema: so gibt es bei alten Kirchen oft einen Vorhof, dessen Dach ”Paradies“ genannt wird, ein Ort an dem schon damlas Kirchenasyl gewährt wurde und der nicht selten bepflanzt ist.

Die zahlreichen Inspirationen, die der Gartenbau durch das Christentum erfahren hat hier aufzuzählen, würde jeglichen Rahmen sprengen. Ich möchte darum nicht weiter auf Prominenz wie z.B. Mendel eingehen, ein Ausschnitt aus einem Gedicht des Reichenauer Abtes Walahfrid Strabo (809 – 849), entnommen aus seinem „Liber de cultura hortorum” (Buch über die Gartenpflege), soll stellvertretend als Einblick genügen:

 

Was für Land du immer besitzest, und wo ich es finde,
Nirgends weigert es sich, die ihm eigenen Gewächse zu zeugen,
Wenn deine Pflege nur nicht ermattet in lähmender Trägheit,
Nicht sich gewöhnt zu verachten den vielfachen Beistand des Gärtners
Törichterweise, und nur sich nicht scheut, die schwieligen Hände
Bräunen zu lassen in Wetter und Wind und nimmer versäumet,
Mist zu verteilen aus vollen Körben im trockenen Erdreich

 

Ich denke, es erübrigt sich, auf die symbolträchtigen Gärten der verschiedenen Epochen einzeln einzugehen. Wenn man die heute noch zahlreich vorhandenen Wegkreuze, Marterl, Kapellen oder gar Gipfelkreuze sieht, mag man selbst beurteilen, in wie weit es christliche Gartenkunst gegeben hat und gibt, ob man hier eine Tradition weiter führen kann und will, oder ob man diesbezüglich schon weiter ist und von welchen kleinen, verbitterten Minderheiten man sich eine entsprechende Namensgebung vorschreiben lassen will.

Thod Verfasst von:

Glaube denen, die die Wahrheit suchen, und zweifle an denen, die sie gefunden haben.