Nun ist er rum, der Heilige Abend.

Die strahlenden Kinderaugen waren der Mühe wert. Auch, dass die Kleine erst Baum und Krippe wahrgenommen hat und später dann die Geschenke – die aber bei aller Freude den Blick für das Wesentliche nicht völlig verdecken konnten, ist sicher ein gutes Zeichen.

Schade nur, dass wir der Versuchung erlegen sind, das Angebot der hiesigen Gemeinde wahrzunehmen und einen sog. Kindergottesdienst besucht haben … Ich hatte mir ja trotz aller Ahnung fest vorgenommen, nur gute Gedanken zu hegen und mich zurückzunehmen; nicht über die alltäglichen Unzulänglichkeiten zu jammern und einfach einmal das zu tun, was Schafe tun: dem Hirten folgen, der das Beste für sie will, der Futterstellen und Tränken aufstellt und aus seiner Position heraus genauestens weiss, was für das Wohl der ihm Anvertrauten zuträglich ist.

Wenn es für jene reicht, die jährlich bloß zu Weihnachten die Kirche aufsuchen, da sie dies für den Höhepunkt christlicher Kultur halten, sollte es für mich doch zumindest auszuhalten sein. Doch wie wenig mir das gelungen ist, stellte mir nicht erst meine Frau auf dem Heimweg vor Augen, als sie die klassischen Worte „Na, wie fandst du es?“ aussprach.

Überlegen musste ich dennoch, denn ganz im Klaren bin ich mir bis jetzt noch nicht. Fassungslos schwankend zwischen einfacher Trauer, vielleicht sogar mit einer Spur von Melancholie versehen, andererseits aber durchaus angefüllt mit handvollem Widerwillen und Zorn über die Lieblosigkeit, die pure Verachtung, die aus grenzenloser Naivität und Dummheit heraus geboren, unserem Herrn und Gott entgegengeschleudert wird.

Wir brauchen uns nicht zu beklagen, dass Medien und Politiker, Freunde und Bekannte, der sog. Mann auf der Strasse, oder wen auch immer man zitieren mag, von christlichem Brauchtum keinen Schimmer mehr haben – von theologischen Inhalten möchte ich gar nicht erst reden. Natürlich leben wir in einem atheistischen Staat, der kein Verständnis und letztlich auch keine Unterstützung für etwas zeigt, das ihm nicht direkt funktional einleuchtet. Doch bevor wir uns dort echauffieren, würde nur ein kleiner Blick in unserer Kirchen, in Gottesdienste und Messersatzliturgien (oder wie immer man das nennen soll) gut tun, denn hier liegt die Ignoranz, die wir anderen vorwerfen, in Potenz vor.

Es war einmal vor schier unendlich langer Zeit, da war die Kirche federführend in Kultur und Bildung. Heute versucht man sich an Powerpoint-Präsentationen und ist nicht einmal in der Lage, ein Mikrophon zu bedienen (oder Willens es vor der „Premiere“ zu testen). Ich werde die Veranstaltung hier nicht im Detail zerlegen, denn es scheint auch Menschen zu geben, die tatsächlich etwas Positives erlebt haben – anders kann ich mir nicht erklären, dass jemand auf seinem Smartphone Szenen gefilmt hat – dennoch sage ich es hier in voller Deutlichkeit: Die Kirche ist kein Ort für derlei Stümpereien!

Wer etwas nicht kann, sollte es lieber sein lassen. Auch ist es Kindern gegenüber eine Frechheit, wenn man sie als Argument für mangelnden Respekt oder als Ausflucht für fehlendes Können ins Feld führt. Kinder können ausgezeichnet zwischen Qualitäten unterscheiden und die Beteiligung der Anwesenden sprach Bände. Ich habe kein Gesicht gefunden, das auch nur entfernt einen aufmerksamen Eindruck gemacht hätte. Wenn man etwas altersgerecht aufbereitet, kann man sich hingegen der Aufmerksamkeit gewiss sein. Die durchgängige Disziplinlosigkeit im Verhalten der Kinder muss man also nicht als Taktlosigkeit dem Herrn gegenüber betrachten, sondern kann sie gut und gerne als adäquate Reaktion auf das dargebotene Spektakel sehen.

Ein näherer Blick lohnt sich hier auf zwei besondere Details:

1. Man verweist ja immer so gerne auf Nächstenliebe und soziales Verhalten, wenn man nicht möchte, dass andere einem das sagen, was eigentlich zu sagen wäre. Wenn aber geistig Behinderte (aus einer Art vorauseilenden Gehorsams heraus?) von ihrem Betreuer aus der Veranstaltung entfernt werden, weil man anderen deren Lautgebung nicht zumuten möchte, wirft das ein mehr als bezeichnendes Bild auf die grundsätzliche Stimmung.

2. Es nutzt nichts, viel Aufwand zu betreiben, wenn die Umsetzung lieblos hingekotzt ist. So hat man als Zeichen dafür, dass Christus als Licht in die Welt gekommen ist, eine Flamme extra aus Betlehem kommen lassen, die über die Gottesdienstbesucher in deren Familien und darüber hinaus verteilt werden sollte. Dabei wurde falsch gemacht, was man nur falsch machen kann. Nicht nur, dass sich die Dame am Altar in (unbeachteten) Regieanweisungen erging (Herr Soundso, machen Sie bitte das Licht aus; es blieb dennoch erst mal an), oder nicht wusste, wie sie die Gruppen der Sitzbänke bezeichnen sollte und darum mehrfach ansetzte – es haperte vor allem an der Symbolik. So reduzierte der Priester das Licht der Welt (ohne rot zu werden) auf den Begriff des Friedens (worüber man Bücher schreiben könnte), doch vor allem hätte man die Dramaturgie nicht unpassender umsetzen können, als eine hell erleuchtete Kirche nach mehrfachen Ankündigungen ein wenig abzudunkeln (was war das denn für ein Licht, vor Christi Geburt, dass man zu seiner Geburt hat ausschalten müssen?) um dann, als die Lichter keinen Effekt zeigten, das Licht wieder einzuschalten.

Eines ist mir letztlich aber doch noch klar geworden. Ich weiss nun, wie ich mich nach dieser Aufführung fühle: Ich schäme mich zu tiefst und hoffe sehr, meiner Tochter ein anderes Kirchenbild vermitteln zu können, so dass sie sich nicht wie viele andere, die in unserer Zeit aufwachsen, zu recht und sich mit Ekel abwendend ihr Heil im Diesseits sucht.

Thod Verfasst von:

Glaube denen, die die Wahrheit suchen, und zweifle an denen, die sie gefunden haben.